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Der schwere Weg zur DAOmbH

Dezentrale Autonome Organisationen (DAOs) sind eine Errungenschaft der Blockchain. Sie können das Wesen unternehmerischer Kooperation grundlegend verändern. Doch dazu braucht es rechtliche Sicherheit. Zu dieser möchte eine Arbeitsgruppe des Bundesverbands Blockchain beitragen.

Der Bundesverband Blockchain (kurz: der Bundesblock) hat eine Arbeitsgruppe zum Thema DAOs gegründet. DAO ist die Abkürzung für Dezentrale Autonome Organisation: für eine Organisation, die formal weder Sitz, Geschäftsführer noch Besitzer hat.

Dass das rechtlich nicht ganz unproblematisch ist, liegt auf der Hand. Und genau darum geht es der Arbeitsgruppe: Sie möchte Konzepte erarbeiten, um die DAO juristisch zu fassen, und diese am Ende der Politik präsentieren.

Doch diesen Weg hat sie nach zwei Sitzungen erst begonnen.

Rechtliche Probleme

Bisher sind DAOs in Deutschland noch weitgehend unreguliert. Es gibt keine juristische Organisationsform, die wirklich passt, und daher auch keine Sicherheit darüber, welche Gesetze und Regeln gelten.

Dabei aber, meint Arbeitsgruppenmitglied Robert Müller, ist rechtliche Klarheit die Voraussetzung dafür, dass DAOs „eine signifikante Nachfrage bei Kunden erzeugen“. Dass sie, anders gesagt: „in der Masse ankommen.“

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Müller beschäftigt sich seit rund 7 Jahren mit Blockchains. Er hat zur Bekämpfung der Mehrwertsteuerhinterziehung mit Hilfe der Blockchain-Technologie promoviert und arbeitet und forscht zu Rechts- und Steuerfragen im Zusammenhang mit NFT, DeFi, DAOs und Blockchain-Anwendungen.

Die schlimme Frage nach der Haftung

Das größte Problem bei DAOs ist für ihn die Haftungsfrage. „Solange es nicht anders definiert ist, konstituiert ein freier Zusammenschluss von Token-Haltern häufig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Und das kann sehr problematisch werden.“

Denn in einer GbR haftet jedes Mitglied in vollem Umfang UND mit seinem vollen Privatvermögen. Wenn ich also Mitglied einer DAO bin, und diese dann, auf welchem Wege auch immer, einen Schaden von 120 Millionen Dollar anrichtet, sagen wir, durch Betrug, und einer der Geschädigter dann erfährt, dass ich ein Mitglied in dieser DAO bin, dann kann er, zumindest der juristischen Theorie zufolge, mich in vollem Umfang verklagen und bis zum letzten privaten Hemd in Haftung nehmen.

Wäre ich Mitglied einer echten GbR, dann hätte ich die Aussicht, mich zu entschädigen, indem ich die anderen Mitglieder in Haftung nehme. Bei einer DAO, deren Mitglieder anonym um die ganze Welt verstreut sind, bleibt dieser Weg in der Regel faktisch verschlossen.

Natürlich ist das nur eine Theorie. Es ist fraglich, ob solche Klagen in der echten Welt durchgehen oder erfolgsversprechend sind. Aber allein die Möglichkeit, dass sie es könnten, ist so gruselig, dass sie DAOs ziemlich abschreckend macht.

Die DAOmbH

Ideal wäre, meint Müller, eine Art DAOmbH: eine Organisationsform, die die Haftung der Mitglieder beschränkt.

Der Blick ins Ausland zeigt, dass es geht. Etwa Wyoming, wo es die DAO LLC gibt. Oder die Schweiz, die ebenfalls eine Organisationsform für DAOs kennt, welche den Mitgliedern keine volle Haftung aufbürdet.

„Wir befinden uns gerade in einer gespaltenen Situation. Manche Länder sehen in DAOs die Zukunft und regulieren das richtig,“ erzählt Müller, „das zieht Kapital und DAOs an. Jetzt wäre es für Deutschland wichtig, ebenfalls Regeln zu erlassen, damit DAOs nicht abwandern.“

Ein Rechtskonstrukt wie eine „DAOmbH“ würde es Gründern ermöglichen, die DAO als Alternative zu wählen, wenn sie über ihre Gesellschaftsform entscheiden. Es würde allerdings nicht jede Form von DAO abdecken können. „Es bräuchte ein Template, also eine Vorlage, die Mindestvoraussetzungen an das Setup stellt, damit es zur DAOmbH werden kann.“

Man muss also irgendwie definieren, was eine DAO zur DAO macht. Und damit beginnen die Probleme, mit denen die Arbeitsgruppe in dieser frühen Phase fechtet.

Das Kreuz mit der Definition

Es klingt so einfach. DAO steht für „Decentralized Autonomous Organization.“ Aber wenn man darüber nachdenkt, sprudeln Dutzende Fragen an die Oberfläche:

Ab wann ist eine Organisation dezentral, ab wann autonom? Gibt es hierfür verbindliche Definitionen? Und welche Unterschiede zwischen den DAOs gibt es? Muss man hierfür neue Kategorien einführen?

Darum ging es in den ersten Treffen. Eine wichtige Frage ist, ob man DAOs lose oder weit definiert, locker oder streng.

Robert Müller hält nicht viel von einer endgültigen und verbindlichen Definition. Dennoch wagt er einen Versuch: „Eine DAO ist ein dezentraler Zusammenschluss von natürlichen oder juristischen Personen, die sich ein eigenes Regelwerk geben, das durch Smart Contract fixiert und absolut exekutiert wird.“

Allerdings droht der Begriff zu verwässern. Es gibt etwa „DINOs“, „Decentralized In Name Only“, die eher FinTechs als DAOs sind – Organisationen, die nur dem Schein nach DAOs, in Wahrheit aber eher klassische Unternehmen sind. Wo konkret man hier aber die Grenze zieht, ist ein schwieriges Thema. Daher denkt die Arbeitsgruppe auch über flexible Kategorien nach, die mehr Spielraum geben, um DAOs einzuordnen.

Die absolute DAO gibt es nicht

Man kann sich tief in dieses Problem der Definition versenken. Man kann etwa Reinheitsbegriffe erarbeiten, denen kaum eine real existierende DAO gerecht wird.

Nehmen wir das Adjektiv „autonom“: „Eine echte DAO ist fähig zu exekutieren, was beschlossen wurde. Das macht sie autonom“, stellt Müller fest. „Die meisten DAO sind das aber nicht. Sie können Beschlüsse nicht exekutieren. Daher sind sie eigentlich keine DAOs, sondern DOs – Dezentrale Organisationen.“

Klar: Wenn beispielsweise eine DAO ein Mietshaus verwaltet, muss jemand dieses verwalten, und jemand muss diesen Verwalter einstellen, einen Vertrag mit ihm unterzeichnen und ihn bezahlen und so weiter. Das ist nicht wirklich autonom.

Wahrhaft autonom wäre eine DAO nur, wenn sie ausschließlich auf der Blockchain operiert. Manche DeFis kommen da ran, etwa Uniswap oder Compound. Aber auch bei ihnen spielen Börsendaten eine Rolle, die per Chainlink auf die Blockchain geladen werden. Am ehesten könnte vielleicht ein Konstrukt wie die Privacy-DAO Tornado Cash den Reinheitsgeboten Genüge tun.

Vermutlich aber führt es in die Irre, von DAOs einen solchen Reinheitsgrad zu erwarten. Man sollte sie wohl eher in einem Kontinuum verordnen. Und das wiederum macht die rechtliche Einordnung noch viel wichtiger.

Hybride DAOs

Schon die erste große DAO (The DAO) erkannte die Grenzen der Autonomie. Daher ließ sie frühzeitig eine Schweizer Treuhandgesellschaft gründen. Diese sollte die Interaktion mit anderen Unternehmen strukturieren, wenn Beschlüsse der DAO dies erforderten.

The DAO scheiterte. Doch auch lebendige DAOs, etwa Maker, werden zu einer Mischform, einem Hybriden. Die DAO ist eine Dachgesellschaft für Unterorganisationen, die zwar an sich auch dezentral und autonom operieren, aber wieder Tochterorganisationen in der echten Welt gründen, um mit dieser zu interagieren, beispielsweise mit der französischen Großbank Societe Generale.

So bildet die Kölner Softwarefirma Sidestream eine solche Unterorganisation. Sie bekommt für ihre Arbeit auch eine Entlohnung, und diese wird wiederum über eine andere Unterorganisation der DAO ausgezahlt, welche ein Unternehmen mit Bankkonto gegründet hat. Die Maker DAO ist in gewisser Weise Geschäftskunde einer Bank.

Solche Mischformen dürften aus der Zukunft der DAOs nicht mehr wegzudenken sein. Für sie ist es aber umso wichtiger, dass die rechtlichen Verhältnisse und Kategorien geklärt sind.

Das Potenzial ist weitgehend unangestochen

Deutschland, meint Müller, sollte auf diesem Gebiet nicht allzu viel Zeit verlieren. Andere Jurisdiktionen sind schon weiter, und es wäre ärgerlich, wenn man bei DAOs den Anschluss verlieren würde.

Für ihn ist das Potenzial der Technologie gewaltig: Sie beseitigt Ungewissheit. „Eine DAO setzt einen Punkt, wie die Zusammenarbeit ablaufen muss, während man in einer globalisierten Welt oft nicht weiß, welche Regeln wie und wo gelten.“

Wenn DAOs einmal eine anerkannte Form für Zusammenarbeit sind, können Menschen auf der ganzen Welt anders kooperieren. Auch Bereiche der Regierung, vom Rechtswesen über das E-Government zum Steuerwesen, können ganz oder teilweise in DAOs überführt werden. Aber das, weiß der Jurist, ist oft schwierig und nicht immer realistisch.

Daher erwartet er eher, dass private Unternehmen vom Konzept der DAO profitieren können. Wenn denn die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind.

   

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