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„Es ist brutal schwer, dezentrales peer 2 peer Geld zu entwickeln, dass global von vielen Menschen gleichzeitig benutzt werden kann.“

Unter gewissen, plausiblen Annahmen sorgt eine rationale Routenplanung dafür, dass die Zentralisierung im Lightning-Netzwerk befördert wird. Warum? Und kann man dem entgegenwirken? Wir haben hierfür mit einem Experten geredet.

Eine echte Überraschung war es nicht. Im Grunde hatte jeder damit gerechnet, doch René Pickhardt hatte nun eine Quantifizierung für eine eher ungünstige Eigenschaft des Lightning-Netzwerks.

Der Datenwissenschaftler simulierte ein Verfahren, um unter bestimmten Voraussetzungen die optimale Route durch das Lightning Netzwerk zu finden. Dabei zeigte sich, dass Anreize bestehen, welche die Zentralisierung auf große Knoten fördern. Rein mathematisch betrachtet.

René hat zuvor das „Zero-Base-Fee“-Protokoll entwickelt. Dieses soll es erlauben, große Transaktionen zuverlässiger durch Lightning zu routen. Dafür hat er eine Art Patch für Lightning-Knoten veröffentlicht, zunächst ohne große Erwartungen, doch weil die Lightning-Community eine der motiviertesten Gruppen ist, die man im World Wide Web findet, hat sich sein Patch in Windeseile im Netzwerk verbreitet. Heute deckt er fast die Hälfte aller Lightning-Knoten ab.

Im Zuge dieser Forschungen hat sich der Mathematiker auch mit optimalen Routen beschäftigt. Wie findet ein Knoten möglichst rasch die perfekte Route durch das Lightning-Netzwerk, das mittlerweile aus rund 80.000 Payment-Channels besteht? Er hat versucht, diese Frage mit verschiedenen Szenarien und Faktoren zu simulieren. Seine Annahme ist dabei, dass Akteure nach dem „Min Cost Flow“-Modell handeln: Sie versuchen, die Kosten eines Pfades zu minimieren.

„Um eine Route zu suchen, nehme ich nur die ‚billigsten Kanäle‘ in den Graph auf. ‚Billigst‘ ist die Kombination aus Routing Costs und Uncertainty Cost,“ erklärt René. Unter diesen Annahmen misst man die Güte einer Route anhand von zwei Faktoren: Sie soll wenig Gebühren kosten, aber zuverlässig sein. Und idealerweise soll es schnell gehen, ohne dass die Wallet zuerst hunderte von Optionen durchprobiert.

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Man möchte also einen Pfad finden, der günstig und zuverlässig ist. Das ist eine vernünftige und nicht unwahrscheinliche Annahmen. Doch mit ihr manifestiert sich ein Problem, das René wie viele andere Experten erwartet hatte: „Die Uncertainty Cost wird bei großen Kanälen günstiger.“

Das ist leicht nachzuvollziehen, wenn man nur ein wenig über das Lightning-Netzwerk weiß: Channels geben zwar ihre gesamte Kapazität bekannt, aber nicht, in welche Richtung sie weist. Daher ist jeder Pfad unsicher: Es könnte sein, dass die gesamte Liquidität in die falsche Richtung geht. Allerdings nehmen diese „Unsicherheits-Kosten“ ab, wenn ein Channel mehr Liquidität enthält. Das macht große Knoten zu attraktiveren Anlaufpunkten für die Routenplanung.

Das war soweit zu erwarten. Es ist bei allen Netzwerken so: Google liefert bessere Suchergebnisse, bei Amazon findet man eine größere Auswahl an Waren, auf Twitter die lustigeren Trolle, und im Bitcoin-Kurs weniger Volatilität. Größer ist besser, nicht fürs große Ganze – hier wäre mehr Dezentralisierung wünschenswert – aber für den individuellen User. Es handelt sich um ein fast universelles Gesetz: Die Vorteile, die die großen Akteure durch ihre Größe erlangen, helfen ihnen, noch größer zu werden.

Im Falle von Lightning sorgt dies also dafür, dass ein Knoten mit viel Liquidität beim Faktor „Unsicherheit“ günstiger ist als kleinere Knoten. „Daher können größere Kanäle höhere Gebühren verlangen und immer noch gewinnen. Das verschafft ihnen höhere Einnahmen und einen Vorteil.“ Dieser Vorteil verstärkt sich selbst: die Knoten können die Mehreinnahmen durch Gebühren wieder in Payment Channels stecken und werden dadurch noch überlegener.

„Die Mathematik des gegenwärtigen Designs von Lightning und die Annahme, dass Nodes die optimale Lösung für das Min Cost Flow Problem suchen, verschafft Node-Betreibern, die mehr Liquidität bereitstellen, einen ökonomischen Vorteil gegenüber Node-Betreibern, die weniger Liquidität zur Verfügung stellen,“ erklärt René.

Dies erweckt nicht unbedingt Jubelstürme, aber man sollte es nicht überbewerten. Lightning an sich bleibt dezentral, und es ist normal, dass die Akteure in dezentralen Netzwerken nicht egalitär sind, sondern je nach ihren Kapazitäten Bedeutung erlangen. Es ist vermutlich sogar ein notwendiger Preis, den man für Effizienz bezahlen muss. Dennoch wäre es besser, wenn man Wege finden würde, um der Zentralisierungstendenz unter Knoten entgegenzuwirken.

Auf der einen Seite hängt vieles vom Routing-Algorithmus ab. Ist „Min Cost Flow“ die einzige Strategie? Es gibt noch weitere Faktoren. Etwa die Geschwindigkeit. Möglicherweise reagieren große Knoten, mit hunderten und tausenden von Channels, langsamer als kleinere. Somit könnte dieser Faktor der Zentralisierung entgegenwirken. Unter Umständen könnte man Usern auch verschiedene Routing-Präferenzen anbieten: günstig, zuverlässig, schnell, dezentral, und anderes.

Rationalität ist ein komplexes Konstrukt, und die gängige Idee, dass sie nur ökonomisch zu verstehen ist, greift oft zu kurz. Für viele Menschen ist Rationalität an bestimmte Ziele gebunden, und diese können auch über die situative ökonomische Rationalität hinausgehen. Eine Welt, in der Menschen nicht für höhere Ziele eintreten, wäre eine ziemlich schlechte Welt. Aber selbst wenn man Rationalität rein ökonomisch versteht, bleiben zahlreiche Stellschrauben, an denen man drehen kann.

Daneben denkt René darüber nach, ob man, analog zu Mining-Pools, dezentrale Routing-Knoten bilden kann, in welchen kleine Knoten ihre Liquidität bündeln. „Man kann das natürlich durch einen Treuhänder machen. Aber ich würde lieber über eine nicht-treuhänderische Version nachdenken, die kein Vertrauen benötigen.“ Doch dies ist derzeit ein schwer bis unmöglich zu lösendes Problem. Vielleicht helfen Covenants, aber hier ist sich René nicht sicher. Dies ist nicht sein Fachgebiet.

Insgesamt trübt all dies nicht Renés Begeisterung für Lightning. Es festigt nur seine Überzeugung, dass es „brutal schwer“ ist, „dezentrales peer 2 peer Geld“ zu entwickeln, „dass global von vielen Menschen gleichzeitig benutzt werden kann.“ Das Lightning-Netzwerk, meint er, „ist aktuell der beste Ansatz, den wir kennen.“

   

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