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Wie SWIAT Kryptowertpapiere am Standort Deutschland ermöglichen möchte

Mit dem Kryptowertpapiergesetz hat Deutschland juristische Hürden für die Herausgabe von Wertpapieren auf einer Blockchain abgebaut. Wie kompliziert die Wirklichkeit aber weiterhin ist, zeigt ein Blick auf das FinTech SWIAT.

Das Kryptowertpapiergesetz soll den juristischen Weg ebnen, um Wertpapiere auf Blockchains zu bringen. Dadurch könnte es zu den Kronjuwelen der deutschen Krypto-Regulierung werden. In jedem Fall ist es „typisch deutsch“, wenn es so etwas gibt.

Auf der einen Seite handelt es sich um ein enorm fortschrittliches Gesetz, das sich eines Themas annimmt, über das in anderen Ländern noch nicht einmal nachgedacht wird. Dafür verdient es viel Lob.

Auf der anderen Seite jedoch versucht das Kryptowertpapiergesetz, einen großen Teil der antiquierten und zentralistischen Bestimmungen des analogen Wertpapierhandels ins Digitale zu übertragen. Es droht, jeden Vorteil, den ein Blockchain-basiertes Wertpapier haben könnte, in einer Fülle an Bestimmungen zu ertränken, so dass man sich am Ende viel Mühe gemacht hat, um nichts zu erreichen.

So ist zumindest unser Eindruck. Um diesen zu korrigieren oder zu fundieren, haben wir mit Jonathan Leßmann von SWIAT geredet. Er verantwortet dort den Bereich Marketing und Plattform-Strategie.

Nicht öffentlich und nicht dezentral?

SWIAT ist die Blockchain-Tochter der Deka-Bank. SWIAT soll die technologische Infrastruktur entwickeln, mithilfe derer Finanzakteure Kryptowertpapiere herausgeben und diese als „Kryptowertpapierregisterführer“ führen können.

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Aus der Perspektive der Krypto-Szene kann man nur kritisch auf diese Strategie schauen – und vor allem auf die technische Umsetzung.

Das Startup baut eine eigene Blockchain, die mit den Smart Contracts auf Ethereum kompatibel ist, anstatt eine vorhandene zu verwenden. Oder wenigstens per Rollup oder Sidechain an eine vorhandene anzuknüpfen. Diese selbst entwickelte Layer 1 Blockchain ist nicht öffentlich, sondern zumindest vorerst geschlossen bzw. privat. Zwar funktioniert das Netzwerk dezentral, jedoch gibt es zu Beginn im Konzept noch zentrale Aspekte, die erst im Zeitverlauf dezentralisiert werden sollen.

„Der Fokus von SWIAT liegt auf regulierten Finanzmarktakteuren wie Banken, Fonds- oder Vermögensverwaltern. Wir haben deshalb eine Blockchain entwickelt, die genau auf deren Bedürfnisse zugeschnitten ist. Wir helfen unseren Plattform-Nutzern, die Software einzurichten, dApps zu schreiben und sie auf der Umgebung aufzusetzen,“ erklärt Jonathan.

Das klingt mit dem Blick aus der Krypto-Szene zumindest erklärungsbedürftig. Warum macht man so etwas?

Die Disintermediation der Anderen

Die Antwort ist irgendwo zwischen Regulierung und Strategie anzusiedeln. Blockchain führt, erklärt Leßmann, zu „Disintermediation“: Die Technologie macht Intermediäre überflüssig. Also Zwischenmänner. Die große Frage ist nun: welche?

„Auf der Ebene der regulierten Finanzmarktinstitute“, ist sich Leßmann sicher, „wird Disintermedation bei denen stoppen, die zum Kunden gehen.“ Im Sinne von Gesetz und Regulierung ist es schwer vorstellbar, dass es keine Dienstleister mehr geben wird, welche den Zugang der Endkunden zum Finanzwesen kontrollieren und steuern. Tatsächlich bestätigt vieles in der Kryptowelt diesen Eindruck, seien es die zentralisierten Frontends von dApps auf Ethereum, seien es die Treuhand-Wallets für Lightning bei Bitcoin.

Interessant wird es oberhalb dieser Schwelle, denn Leßmann meint technische Dienstleister. Hier müssen sich einige Akteure durchaus hinterfragen – etwa solche Intermediäre, die heute von der IT-Fragmentation im Sektor profitieren und Brückenfunktionen einnehmen. Es stellt sich die Frage: Bieten diese künftig noch einen Mehrwert?

Die Plattform, die SWIAT entwickelt, soll Disintermediation auf der Ebene der Finanzakteure ermöglichen, aber deren Stellung gegenüber den Kunden erhalten. Damit entspricht sie etwa dem, was das Kryptowertpapiergesetz leisten soll, meint Leßmann.

Warum Kryptowertpapiere noch nicht auf öffentlichen Börsen handelbar sind

„Unsere Software ist auf Kryptowertpapiere und deren gesetzliche Regulierung zugeschnitten,“ erklärt Leßmann. „Mit ihr kann man Kryptowertpapiere emittieren oder auch als Kryptowertpapierregisterführer im eigenen oder fremden Auftrag führen, und das auf eine Weise, die konform mit der Regulierung geht.“

Der erste Kunde, der die Software von SWIAT einsetzen möchte, ist natürlich die Mutter von SWIAT, die Deka. Aber auch andere Finanzinstitute haben bereits Interesse signalisiert.

„Das Gesetz erlaubt es, Wertpapiere zu 100 Prozent digital aufzulegen. Die Geschwindigkeit nimmt enorm zu. Gegenüber Token haben Kryptowertpapiere den großen Vorteil, dass sie viel vertrauter sind. Man kennt das Konzept, man kennt die Regulierung. Ich bin überzeugt, dass dies der Weg ist, den die Digitalisierung von Wertpapieren gehen wird.“

Bisher allerdings ist von einem Boom der Kryptowertpapiere noch keine Spur. Leßmann wundert dies nicht. Das Gesetz, erklärt er, sei nur der erste Schritt: „Die Kryptowertpapiere sind noch nicht am geregelten Markt handelbar, da dort nur gehandelt werden darf, was bei einem Zentralverwahrer liegt.“

Es hört sich absurd an: Es ist gesetzlich verboten, die Kryptowertpapiere auf öffentlichen Börsen zu handeln, welche das Kryptowertpapiergesetz ermöglichte. Das muss man erst einmal verdauen.

Aber immerhin: Man darf Wertpapiere auf eine Blockchain bringen, und Finanzakteure dürfen Register führen. „Das ist schon eine enorme Veränderung, weil es einen vorher zentralisierten Markt aufbricht.“

Der zweite Schritt – die öffentliche Handelbarkeit der Kryptowertpapiere – könnte schon im kommenden Jahr beginnen. „Im Frühjahr 2023 wird das DLT-Pilot-Regime der EU in Kraft treten. Dieses gibt DLT-basierten Trading- und Settlementsystemen dieselbe Rechtssicherheit wie Zentralverwahrern“, beschreibt Leßmann die Situation. Ab dann können Kryptowertpapiere auf geregelte Märkte strömen, was tatsächlich ein bedeutender Moment werden kann.

Silos und Fragmente

Technologisch bietet SWIAT lediglich eine von vielen möglichen Lösungen an. Die technischen Anforderungen an einen Kryptowertpapierregisterführer sind relativ offen. Sie brauchen eine fälschungssichere Datengrundlage, wie sie eine Blockchain bietet, spezifizieren dies aber kaum weiter.

Mit SWIAT haben sich Leßmann und seine Kollegen für eine geschlossene, private Blockchain entschieden. Er meint aber, dass auch eine öffentliche Blockchain den Anforderungen des Gesetzes gerecht werden kann.

„Die verwendete Blockchain – privat oder öffentlich – muss die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. So muss es etwa möglich sein, Transaktionen zu löschen oder rückgängig zu machen. Wir haben aus strategischen Überlegungen einen anderen Ansatz gewählt, aber ich bin überzeugt, dass Kryptowertpapiere auch auf öffentlichen Blockchains darstellbar sind.“

Bislang allerdings ist der Markt für Kryptowertpapiere noch weit von einem technischen Standard entfernt wie SWIAT ihn in Zusammenarbeit mit Partnern anstrebt. Stattdessen scheint eine Fragmentierung in Silo-Lösungen zu drohen.

Aber, der Fairness wegen, sollte man einräumen, dass das Gesetz noch relativ jung ist. Die Frage, ob es zu den Kronjuwelen der deutschen Krypto-Regulierung wird, ist noch nicht entschieden.

   

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